Tanz

Nachbarschaft

Tanzabend aus Amsterdam, Gelsenkirchen, Münster und Osnabrück
von Anouk van Dijk, Giuseppe Spota, Lillian Stillwell und Marguerite Donlon
PREMIERE
20. Oktober 2023
gentle is the power - Musik: Christiaan Virant, FM3, Ólafur Arnalds & Nils Frahm

Blank 2.0 - Musik: John Adams

Oslo - Musik: Minoru Miki

Ruff Celts - Musik: Dubliners, Kíla, Sinéad O´Connor, Sam Auinger & Marguerite Donlon


Spieldauer: 2 Stunden, inkl. eine Pause

Inhalt

Für den Frieden müssen sich verfeindete Parteien aufeinander zubewegen – ideell, kognitiv, räumlich. Auch deshalb finden Friedensverhandlungen an besonderen Orten statt. Vor 375 Jahren wurde in Münster und Osnabrück der Westfälische Frieden geschlossen. Die Verhandlungen hatten mehrere Jahre in Anspruch genommen. Mit dem (körperlichen) Akt des Sich-Aufeinander-Zubewegens für den Frieden setzen sich die vier Choreografien von Nachbarschaft auf die unterschiedlichste Art und Weise auseinander. Titelgebend ist außerdem die räumliche Nähe der vier Choreograf* innen. Sie kommen aus Münster, Osnabrück, Gelsenkirchen und Amsterdam – sie sind Nachbar*innen. Auch während der Proben geht es um die Bewegung des Aufeinanderzu: das Tanzensemble wird zu den Choreograf*innen reisen und diese werden ebenso am Theater Münster zu Gast sein.

Trailer

Inszenierungsfotos

  • Aline Serrana, Juan Fernando Morales Londono in gentle is the power / (C) Bowie Verschuuren
  • Juan Fernando Morales Londono, Aline Serrana in gentle is the power / (C) Bowie Verschuuren
  • Ensemble Tanz Münster in Blank 2.0 / (C) Bowie Verschuuren
  • Ensemble Tanz Münster in Blank 2.0 / (C) Bowie Verschuuren
  • Hera Norin, Yoh Ebihara in Oslo / (C) Bowie Verschuuren
  • Jack Widdowson, Juan Fernando Morales Londono, Hera Norin, Yoh Ebihara in Oslo / (C) Bowie Verschuuren
  • Ensamble Tanz Münster in Ruff Celts / (C) Bowie Verschuuren
  • Amanda Cruz Portuondo in Ruff Celts / (C) Bowie Verschuuren

Dokumentarfilm

Pressestimmen

  • Wie tanzbar ist der Westfälische Friede?

    Die Leiterin der Tanzsparte am Theater Münster suchte mit ihrem Stück ein modernes Äquivalent zum Westfälischen Frieden, dessen Abschluss vor 375 Jahren die Städte Münster und Osnabrück in diesem Jahr gedenken. Ihr Stück, der dritte Teil des vierteiligen Tanzabends „Nachbarschaft“, spürte mit den Mitteln des Tanzes den Prinzipien der Verhandlungen nach. Zur energiegeladenen Musik „Marimba Spiritual 1 und 2“ von Minoru Miki, kommt ein Mix aus Aggression und Annäherung, der solche Dialoge prägt. Yoh Ebihara und Hera Norin spielen das auf Mann-Frau-Ebene durch. Dabei fließen Bewegungsfolgen mal ineinander und suggerieren Vertrautheit, ja Intimität. Diesen Bewegungen wohnen aber auch Abstoßungskräfte inne, die zeigen, wie Intimität jederzeit in Gewalt umschlagen kann. Der eigentliche Clou aber sind die beiden männlichen Verhandlungsführer Jack Widdowson und Juan Fernando Morales Londoño.

    Die beiden erscheinen als echte Alphatiere in Anzügen (Kostüme: Louise Flanagan). Sie agieren erst im eigenen Safespace, markiert durch Lichtkegel, die das Schwarz der Bühne im Kleinen Haus des Theaters Münster durchbrechen. Am Licht hat neben Jan Hördemann Stillwell höchstselbst mitgearbeitet. So entstehen faszinierend poetische Bilder: Männer, die sich in ihrem Käfig aus Licht ihre Aggressivität aus dem Leib tanzen und zwischen den beiden eine schwarze Barriere, die die beiden erst allmählich durchbrechen. Am Ende kommt es zum versöhnlichen Handschlag und das Quartett formiert sich zum Schlussbild wie für die Presse gestellt. Die zündende Pointe eines brillant konzipierten und getanzten Stückes.

    Die Idee für dieses Programm entlehnt Stillwell den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden in den Nachbarstädten Münster und Osnabrück. Außerdem entsteht Frieden wie Krieg leider auch, im Kleinen, in der Nachbarschaft.

    Wie auch immer: Selbstverständlich ist Marguerite Donlon dabei – sie leitete ja bis zu ihrem überraschenden Weggang im Frühjahr das Tanztheater in Osnabrück. Sie hat „Ruff Celts“ reaktiviert, die sie 2106 in Chicago gezeigt hat. Die beiden anderen Choreografen sind aus der erweiterten Nachbarschaft angereist: Anouk van Djik aus Amsterdam ist mit „gentle is the power“ da, das 2015 in Melbourne uraufgeführt wurde. Giuseppe Spota, Chefchoreograf des Tanztheaters am Musiktheater im Ruhrgebiet Gelsenkirchen (MiR), hat „Blank 2.0“ ausgesucht, das 2016 in Regensburg uraufgeführt wurde.

     

     

    Die Deutsche Bühne, Ralf Döring, 21.10.2023

  • Lillian Stillwells Tanztheaterproduktion „Nachbarschaft“ überzeugt – Das Ringen um menschliche Nähe

    […] „Gentle is the power“ nennt van Dijk ihre Choreografie, die den Tanztheaterabend „Nachbarschaft“ im Kleinen Haus eröffnet und dabei auch Einblicke in die Probenarbeit gibt. Gefilmt von Bowie Verschuuren, ist jedem der insgesamt vier Tanzstücke, von denen drei Gastchorografien sind, ein kurzer Dokumentarfilm vorangestellt. Allen gemeinsam ist das Ringen um menschliche Nähe. Guiseppe Spota etwa, Tanzchef am Musiktheater im Revier, stellt das Ensemble in „Blank 2.0“ als Maschinen auf die Bühne. Mit kantigen Bewegungen, die Blicke zu Boden gerichtet, wirken die in weiße Anzüge gekleideten Tänzerinnen und Tänzer wie Soldaten im Krieg, bis sich aus der Gruppe zwei Tänzer herauslösen. Anrührend der Kontrast zur Anonymität, wenn beide in fließenden Bewegungen immer neue Formen der Verbindung finden. Was Spota als „Reise des Lebens“ beschreibt, ist durchdrungen von Sehnsucht nach Gemeinsamkeit.

    „Oslo“, Lillian Stillwells Choreografie, die als Uraufführung auf die Bühne kommt, könnte aktueller kaum sein, ist doch, was 1993 im Rahmen des Oslo-Friedensprozesses Ruhe in den Nahen Osten bringen sollte, erneut in weite Ferne gerückt. Stillwell übersetzt das Ringen um einen Konsens in Choreografie, indem sie der Aggression durch Gesten und dynamischen, virtuosen Tanz nachspürt. […] Haarscharf nur gelingt der erlösende Handschlag.

    Aufatmen kann das Publikum im letzten Stück des rund zweistündigen Abends. Die gebürtige Irin und ehemalige Tanzchefin des Tanztheaters Osnabrück, Marguerite Donlon, stattet das Ensemble mit schwarzen Korsagen und irischen Kilts aus. Weiße Halskrausen zeugen von englischer Mode des 18. Jahrhunderts und vereinen damit symbolisch zwei konfliktträchtige Parteien im Nordirlandkonflikt. Zu irischer Folklore begeistert das Ensemble durch mitreißende Dynamik. Ein versöhnlicher Schluss für einen emotional berührenden Tanzabend.

     

     

    Westfälische Nachrichten, Isabell Steinböck, 23.10.2023

  • Tänzerischer Diskurs über Wege zum Frieden

    Die Sprache des Verhandelns ist hart, vom Tanztheater Münster in all ihren Versionen verkörpert, faszinierend. Der vierteilige Tanzabend „Nachbarschaft, am Freitagabend im Theater Münster uraufgeführt und stark umjubelt, feiert den vor 375 Jahren geschlossenen Westfälischen Frieden […]. Auf der Bühne setzen die „Verhandlungsführer“ Jack Widdowson und Juan Fernando Morales Lodoño die verhärteten Positionen mit tollen, fulminanten Bewegungsabläufen zu pochenden Klängen um. […] in einer wunderschönen, in Dunkelheit und Nebel abtauchenden Choreografie für ein Paar.bAuch das muss Schwerstarbeit leisten und das Miteinander verhandeln. […] Giuseppe Spota lässt es in „Blank 2.0“ ein weißes Blatt Papier beschreiben. Bis sie sich – in dem Werk von Marguerite Donlon – über die Bphne pusten. Kraftvoll steppen die Tänzer zu den „Dubliners“ über die Bühne und das Publikum wartet auf eine Art „Riverdance“. Dafür aber ist die Choreografie viel zu intelligent.

     

     

    Die Glocke, Andrea Kutzendörfer, 23.10.2023

Eine Produktion zum Jubiläum 375 Jahre Westfälischer Frieden