Schauspiel

Orestie

Aischylos/ Ben Yishai/ Svolikova/ Kames
PREMIERE
30. September 2022
in der Prosaübersetzung von Peter Stein
Uraufführung der Texte von Sivan Ben Yishai, Miru Miroslava Svolikova und Maren Kames
Spieldauer: 3 Stunden 10 Minuten, inkl. Pause


Trailer

Über Generationen hinweg häuft das Geschlecht der Atriden Schuld auf Schuld, übt blutige Rache, die wieder zum Anlass für neue Gewalttaten genommen wird: Agamemnon opfert auf seinem Kriegszug die eigene Tochter Iphigenie für die Gunst der Götter, seine Gattin Klytämnestra nimmt Rache und ermordet den siegreichen Heimkehrer, ihr Sohn Orest sieht die ausgleichende Gerechtigkeit im Muttermord und wird von den Furien in den Wahnsinn getrieben. Am Ende soll das Racheprinzip endlich aufgegeben werden zugunsten einer bürgerschaftlichen Rechtsprechung – zu dem Preis, im Zweifel die Stimme des Mannes über alles zu stellen.

Die vielfach ausgezeichneten Autorinnen Sivan Ben Yishai (mit dem Übersetzer Tobias Herzberg), Miru Miroslava Svolikova und Maren Kames geben den Frauen­ figuren Iphigenie, Kassandra und Elektra überraschende Stimmen, mit denen sie die Ur­-Erzählung von der Erfindung der Demokratie um heutige Perspektiven erweitern.

  • Die „Orestie“ des Aischylos mit drei neuen Texten - Frauen am Rande des Krieges

    Mit der „Orestie“ beschäftigen sich zu Beginn der neuen Theaterära in Münster alle großen Sparten. Das Schauspiel nahm den Text des griechischen Autors Aischylos durchaus komödiantisch in den Blick, ergänzte ihn aber mit drei bemerkenswerten Frauen-Monologen. […] Hatte [Elsa-Sopie Jach] doch zuvor in der fantastisch variablen Bühne von Marlene Lockemann und den in Rot-Varianten schwelgenden Kostümen von Johanna Stenzel aus den Dialogen zwischen Chor und Protagonisten ein geradezu keckes und gleichwohl spannendes Bühnengeschehen choreografiert: „Helden“ und Gegenspieler agierten wie komödiantische Gaukler, und doch sorgten zentrale Stellen wie die Ermordung des zurückgekehrten Kriegers Agamemnon durch seine Frau für die angemessene Erschütterung. Das Spiel mit Geschlechterrollen – der weibliche Aighist, die männliche Kassandra – fügte sich ein.

     

    Harald Suerland, 2.10. 2022, Westfälische Nachrichten

  • „Orestie“ neu gesampelt: Am Theater Münster wird ein Klassiker umgeschrieben

    Auf jeden Fall schmeckt die Suppe am Anfang ganz fantastisch […]. Das ist eine tolle Auseinandersetzung.

     

    Stefan Keim, 1.10.2022, Deutschlandfunk Fazit

  • Mythos aus weiblicher Sicht mit kunstvoller Kinderarbeit

    Bevor jedoch die tödliche Raserei beginnt, hat Iphigenie (Clara Kroneck) ihren prominenten Auftritt, ermöglicht durch den Beitrag der israelischen Dramatikerin Sivan Ben Yishai. […] Diesen Zerstörer Trojas legt Ansgar Sauren nicht als ruppigen Macho, sondern als schnöseligen Gecken an – überhaupt versucht die Inszenierung nicht nur, eine neu bewertende, mitunter elegant ironische Distanz zum antiken Geschehen zu halten, sondern schreckt mehrfach vor derber Verulkung nicht zurück. […] Grandios harmonisch wirken hierbei die fünfzehn Erinnyen, die von jungen Schülerinnen und Schülern gespielt werden. Ein langer, aber inspirierender Abend, an dem man insbesondere die bestechende künstlerische Qualität des neuen Ensembles entdecken konnte.

     

    Alexander Reuter, Die Glocke, 3. Oktober 2022

  • Leid und Streit der Atriden

    Diese Iphigenie (Clara Kroneck) bringt ihre eigene Funktion innerhalb des tragischen Handlungsgefüges auf den Punkt, und so wird aus der braven, opferbereiten Tochter eine reflektierte und vor allem zeitgenössische Frau, die zwar ihrer Geschichte nicht zu entkommen vermag, aber zumindest zeigt, wie grausam über sie verfügt wurde. Remsi Al Khalisi, der neue Leiter der Schauspiel-Sparte in Münster und Dramaturg der Produktion, baute zudem munter Anspielungen auf Heiner Müller und Eugene O'Neill in Aischylos' Tragödie ein.

     

    Kai Bremer, nachtkritik.de, 1.10.2022

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