Schauspiel

Die Marquise von O...

Heinrich von Kleist
PREMIERE
01. April 2023
Spieldauer: 1 Stunde 35 Minuten, keine Pause

Trailer

Von Feuer getrieben findet sich die Marquise von O... unter Soldaten wieder, die ihr Abscheuliches antun wollen. Doch die eigentliche Verheerung versteckt Kleist hinter einem Bindestrich: „Hier – traf er,“ und nimmt sich die bewusstlose Marquise. In ihrer Erinnerung bleibt er, Graf F..., zunächst der rettende Engel, den Teufel entdeckt sie erst, da sie, schwanger, sich entsinnen muss, wie das Kind in ihrem Leib wachsen konnte. Zwischen der verschwiegenen Verge­waltigung und den Zumutungen des Vaters steht eine Frau, die sich aus der ihr zugeschriebenen Scham und der patriar­chalen Gewalt herauszulösen trachtet. „Durch diese schöne Anstrengung mit sich selbst bekannt gemacht, hob sie sich plötzlich, wie an ihrer eigenen Hand, aus der ganzen Tiefe, in welche das Schicksal sie herabgestürzt hatte, empor.“

  • Carlotta Freyer, Oscar Olivo, Nadine Quittner / (C) Bettina Stöß
  • Agnes Lampkin / (C) Bettina Stöß
  • Carlotta Freyer / (C) Bettina Stöß
  • Carlotta Freyer / (C) Bettina Stöß
  • Carlotta Freyer, Nadine Quittner / (C) Bettina Stöß
  • Carlotta Freyer, Oscar Olivo / (C) Bettina Stöß
  • Agnes Lampkin, Carlotta Freyer, Oscar Olivo / (C) Bettina Stöß
  • Nadine Quittner, Carlotta Freyer / (C) Bettina Stöß
  • Nadine Quittner, Carlotta Freyer / (C) Bettina Stöß
  • Nadine Quittner, Carlotta Freyer / (C) Bettina Stöß
  • Oscar Olivo, Carlotta Freyer, Agnes Lampkin, Nadine Quittner / (C) Bettina Stöß
  • Oscar Olivo, David Schwarz, Nadine Quittner / (C) Bettina Stöß
  • Oscar Olivo, Ensemble / (C) Bettina Stöß

Pressestimmen

  • Schminken und Aufbegehren

    Drei Punkte: In Heinrich von Kleists „Marquise von O ...“ halten die Auslassungszeichen bei Namen und Orten das Geschehen etwas in der Schwebe. Regisseurin Lily Sykes lässt in der Bühnenversion, die sie gemeinsam mit Victoria Weich schuf, diese Zeichen lustvoll mitsprechen: „In M Punkt, punkt, punkt, einer bedeutenden Stadt ...“.[…] Aber da ist noch dieses andere Auslassungszeichen bei Kleist, der berühmte Gedankenstrich: […] In der Aufführung ist das ein Moment der Stille, der das bunte Treiben unterbricht. Es setzt sich dann fort – und setzt wiederum auf komische Momente, die dem Text der Novelle abgerungen werden.

    Regisseurin Lily Sykes setzt sich an diesem „Tatort“-langen Abend gewiss nicht dem Verdacht aus, die Erzählung allzu demütig umzusetzen […] . Und dann scheint die Inszenierung fröhlich jenem Schlusssatz über den Täter zuzusteuern, den die Bühnenversion des münsterschen Wolfgang-Borchert-Theaters verweigert: „Er würde ihr damals nicht wie ein Teufel erschienen sein, wenn er ihr nicht, bei seiner ersten Erscheinung, wie ein Engel vorgekommen wäre.“ Auch Lily Sykes begehrt mit ihrem wunderbar harmonierenden Ensemble gegen die Sichtweise der finalen Versöhnung auf – zur Freude des applausfreudigen Premierenpublikums.

     

    Harald Suerland, Westfälische Nachrichten, 3.04.2023

  • Selbstermächtigung durch schönste Anstrengungen

    Wie kann höchste Wertschätzung für einen Autor ausgedrückt werden? Gewiss auf vielerlei Weise, aber besonders dadurch, dass sein Werk mit sorgfältiger Ergründung beim Wort genommen und gleichzeitig parodistisch sowie musikalisch erweitert wird.

     

    Lily Sykes, die in Oxford Germanistik studiert hat, gibt ihren Schauspielerinnen gebührenden Raum, damit sie das Spektrum ihrer erschütterten oder heiteren Gefühle fein und witzig entfalten können. Zumal Carlotta Freyer und Nadine Quittner, die als Hebamme berät, jedoch mit der Marquise als deren Alter Ego innerlich zu verwachsen scheint, bilden ein sehenswertes Duo.

     

    Den alle Verwerfungen verursachenden Grafen in einer Nebenrolle verkörpert dezent David Schwarz, der meistens als Bühnenmusiker wirkt und der Aufführung Sounddesign, für Film und Theater taugliche Kompositionen sowie reichlich Musik-Kabarett hinzufügt. Und der amerikanische Gast Oscar Olivo ist eine quirlige Wucht gleich in mehreren Rollen dieser Inszenierung, deren Interesse durchweg beidem gilt: dem verheerenden Verbrechen sowie der Freilegung der oft untergründigen, weisen Kleistschen Komik.

     

    Alexander Reuter, Die Glocke, 04.04.2023