Neue Dramatik / NEUE WEGE

Bonn ist eine Stadt am Meer

Groteske von Svenja Viola Bungarten

Das Ehepaar Vero und Uwe S. ist in die Wüste gefahren. Uwe will am Himmel schwarze Löcher beobachten und Vero will lieber Urlaub machen. Doch was als Forschungsreise Schrägstrich Urlaub beginnt, wird zu einer irrwitzigen Odyssee. Sie treffen auf Vega und Ulvi S. - die wollen die Wüste hinter sich lassen. Da kommt das europäische Paar wie gerufen: als ihr Auto offen steht, klauen Vega und Ulvi S. Pässe, Geld und Gepäck. Mit ihrer neuen Identität wollen sie sich nach Bonn aufmachen. Während Uwe und Vero S. zunehmend an Korruption und behördlicher Willkür verzweifeln, hoffen Ulvi und Vega S. auf die Überfahrt mit einem Kreuzfahrtschiff, aber das ist leider schon gesunken, nach einem Anschlag europäischer Aktivisten. Die Reise endet in einer dieser Katastrophen, die uns jeden Tag in den Medien begegnen. Davon erzählt uns auch eine Fregattenkapitänin, die als Angeklagte vor Gericht steht und Bericht erstatten muss.

Nach ihrem Debut TOT SIND WIR NICHT, bringt das Theater Münster auch das neue Stück BONN IST EINE STADT IM MEER der jungen Autorin Svenja Viola Bungarten zur Uraufführung. Auf groteske Weise zeigt sie eine Welt in Schieflage, verhandelt Fluchtursachen und deren angebliche Bekämpfung. Mit absurder Komik erzählt sie von der Schwierigkeit kultureller Verständigung, von der Mühe, die Perspektive des Anderen einzunehmen und von der Unmöglichkeit authentisch darüber zu berichten.

  • Petra Noppeney, Westfälische Nachrichten, 23. September 2019

    Lea Ostrovskiy und Paul Maximilian Schulze […] hat Andy Besuch (Kostüme) in wandelnde Reiseprospekte gesteckt, aus dem heraus die beiden scheuen Einwohner eine Sprache sprechen, die sich für manchen Zuschauer erst dank der Einblendungen als rückwärts gesprochenes Deutsch entpuppt – grandios! Christoph Rinke, der kurz auch als norddeutsch sprechender Hummer auftritt, und Sandra Bezler setzen als Schlepperpaar mit Echo-Stimme einen eindrücklichen Akzent […]. Eine großartige Ensemble-Leistung, die mit herzlichem Applaus belohnt wurde.

     

  • Ralf Stiftel, Die Glocke, 23. September 2019

    Am Theater Münster inszeniert Simone Blattner die Uraufführung der Groteske BONN IST EINE STADT IM MEER. Die junge Autorin Svenja Viola Bungarten, geboren 1992, bricht darin die Migrationsproblematik auf die Begegnung eines europäischen Paars mit einem afrikanischen herunter. Die Einheimischen klauen den Touristen Auto samt Papieren und Kleidung. Wie kommen Uwe und Vero zurück nach Bonn-Beuel, wenn die Botschaft feiertags geschlossen ist? Und was machen Ulvi und Vega mit den neuen Identitäten, wo sie sich doch mit Sprache und Gewohnheiten der Europäer so gar nicht auskennen? Angesichts der Realitäten im Mittelmeer wundert kaum, dass Bungarten ihr Stück, ganz gegen die Konventionen der Komödie, in der Katastrophe enden lässt. [...] Die Momente, in denen der Abend den Zuschauern am nächsten kommt, sind die, in denen das Stück die Groteske verlässt und die Schrecken der Migration beschreibt. Wenn Christoph Rinke als Küstenwächter erzählt, dass er auf Flüchtlinge schießen sollte, unter denen seine Frau war. Oder wenn Bezler als Kapitänin vom Kentern des Flüchtlingsboots berichtet.

  • Günter Moseler, Ultimo 22/2019, 21. Oktober 2019

    Flüchtlingskatastrohen sind nicht Neues, die Erfahrungen des letzten Jahrhunderts hätten ausreichen sollen, sie unmöglich zu machen. Aber die Geschichte kennt keine Reue. Svenja Viola Bungartens Groteske BONN IST EINE STADT IM MEER [...] zerfetzt das Thema in hundert Minuten. Am Ende bleibt der paradoxe Schrecken über Fremde und eigene Fremdheit… [...] Herzliche Zustimmung!