Neue Dramatik / NEUE WEGE

Mein Vater und sein Schatten

Auftragsstück für das Schauspiel Münster von Martin Heckmanns

In seinem Atelier trifft der Vater auf seine Kinder und seine Enkelin, die ihm die wichtigsten Stationen seines Lebens spielerisch nacherzählen.
Im Krieg in Dresden geboren, nach Bonn geflohen, erfährt der Vater seine Kindheit als Wachstumswunder, seine Jugend als Halbstarker, studiert in Frankfurt Kritische Theorie, feiert anschließend Erfolge als Künstler bis ihn die Fragen nach Sinn und Fortschritt heimsuchen. Er flüchtet sich in Aktivitäten und endet schließlich als verwirrter Alter in einer veränderten Heimat, die er nicht mehr erkennt.
Von Schatten und Zeitgeistern wird dieser deutsche Michael durch seine Leben im Zug der Gesellschaftsgeschichte getrieben, ringt mit dem toten Vater, mit der schweigenden Mutter und mit einem abwesenden Gott. Er bittet Geistesgrößen um Lebenshilfe und malt Zeit seines Lebens Bilder dieses Landes, die er beständig überarbeiten muss.
MEIN VATER UND SEINE SCHATTEN entwirft einen großen historischen Bogen als Lebenslauf, sucht dabei nach Gründen unserer Gegenwart und belebt eine Geistergeschichte der BRD als bewegte Biografie einer von der Zeit zerrissenen Vaterfigur.

  • Thomas Hilgemeier, theaterpur.net, 21. Februar 2020

    Frank Behnke baut mit MEIN VATER UND SEINE SCHATTEN weiter an seiner konsequent auf die Beleuchtung der bundesrepublikanischen Geschichte ausgerichtete Spielzeit. Martin Heckmanns hat für ihn einen weiteren imponierenden Teil hinzufügt. Behnke und sein Team setzen die Vorlage intensiv um. Einen sehr großen Anteil daran hat das Bühnenbild Peter Sciors: Viele Leinwände bestücken das Atelier Michaels. Das ist der Ort, an dem er arbeitete und viel von seiner Seele preisgab. Doch die Leinwände sind weiß. Scior schafft so ideale Projektionsflächen für die Familienauseinandersetzung. Denn Michael kann nicht mehr arbeiten. Er hat vergessen, wie das geht, hat vergessen, was er sagen möchte. Und genau deshalb ist das genau der richtige Ort für seine Kinder. Die wollen Geschichte erzählen und Fragen aufwerfen. […] 
    Zusammengehalten wird diese erfolgreiche Uraufführung vom ausgeklügelten Konzept der Musikauswahl Leonardo Mockridges, die immer wieder Akzente setzt und die Handlung durch Zäsuren gliedert - ein absoluter Glücksgriff. 
    Das Premierenpublikum feiert alle Beteiligten - besonders den Autor - mit stehenden Ovationen. Frank Behnke kann in dieser Spielzeit erneut punkten.

  • Christoph Ohrem, WDR 5 Scala, 24. Februar 2020

    Atmosphärisch dicht erzählt dieser Abend in vielen nostalgischen und durchaus humorvollen Szenen aus dem Leben des Malers. Regisseur Frank Behnke erzählt die schnellen Dialoge und Szenenwechsel von MEIN VATER UND SEINE SCHATTEN souverän und schnörkellos. So kommt der Text bei der Uraufführung voll zur Geltung. […] Eine gelungene Uraufführung eines gelungenen Stückes, besonders anschlussfähig an aktuelle Geschehen ist die Aufarbeitung der Jugend. So erinnert das Stück eindringlich daran, dass nach dem Naziregime keine Stunde Null herrschte.

  • Harald Suerland, Westfälische Nachrichten, 24. Februar 2020

    Münsters Theater hat das neue Stück des Dramatikers Martin Heckmanns in Auftrag gegeben und mit großem Erfolg uraufgeführt. [...] 
    Regisseur Frank Behnke hat gemeinsam mit Peter Scior (Bühne) und Ilka Meier (Kostüme) eine spannende Lösung für diese dramatische Konstellation gefunden: Die weiße Kleidung des Vaters korrespondiert mit der Hintergrundfläche und den auf Keilrahmen gespannten, aber nur von der hellen Rückseite zu sehenden Leinwänden - Assoziationsfläche, Leere und Basis für die titelgebenden Schattenspiele zugleich. [...] 
    Im Strudel der Ereignisse, den Frank Behnkes Inszenierungstempo entfacht, ragen die Schauspieler Daniel Fries und Lea Ostrovskiy heraus, weil er als Sohn in der gespielten Vaterrolle und sie als Enkelin mit skurrilen Dialogen die effektvollsten Szenen haben.