Gastspiel

Bertolt Brecht „Hauspostille“

Lars Eidinger, Rezitation & Gesang
Hans-Jörn Brandenburg, Klavier, Cembalo & Harmonium
Ab
23. November 2024

Lars Eidinger hat ein besonderes Verhältnis zu Bertolt Brecht. In Joachim Langs Spielfilm "Brechts Dreigroschenfilm" hat er ihn schon verkörpert. In Kassel wird er nun aus dessen Gedichtsammlung "Hauspostille" lesen, singen und spielen.


Bertolt Brechts "Hauspostille" ist eine Anspielung auf fromme Predigtsammlungen: "Bittgänge", "Chroniken" und "kleine Tagzeiten der Abgestorbenen" - so einige Kapitelüberschriften. Gefallene werden in den Texten gefeiert, Abgründiges ans Licht gezerrt, es ist dunkle Poesie über rohe Gewalt.


„Von Sonne krank und ganz von Regen zerfressen / Geraubten Lorbeer im zerrauften Haar/ Hat er seine ganze Jugend, nur nicht seine Träume vergessen/ Lange das Dach, nie den Himmel, der drüber war“. Die „Hauspostille“ ist Punk. Ein wilder Brecht arbeitet sich an den Rändern des Asozialen ab. Er feiert die Verfluchten und säuft mit den Geächteten. Seine dunkle Poesie weidet sich an der schaurigen Schönheit des Morbiden – ein Vorbild für Ikonen der Popkultur wie Iggy Pop, Nick Cave, oder Tim Burton. Verführte, ertrunkenen Mädchen in „seichten, braunversumpften Teichen“, Mordlust, Geilheit, Gier und rohe Gewalt, kurz alles Abgründige, Schmutzige, das die brave Elterngeneration verschämt hinter blütenweißen Gardinen versteckt, wird tabulos ans Licht gezerrt. Scheinheiligkeit wird lustvoll entlarvt. Lars Eidinger hat als Schauspieler ein Faible für Figuren, die etwas zu verbergen haben. Er nimmt einen tiefen Atemzug vom wilden Brecht und bringt dessen Lyrik mit der musikalischen Begleitung von Hans Jörn Brandenburg als radikal funkelndes Gesamtkunstwerk auf die Bühne.


14 der 50 Gedichte sind vertont. Hans-Jörn Brandenburg, der unter anderem bei Helmut Lachenmann in Hannover studierte und später für Frank Castorf, George Tabori und Robert Wilson Bühnenmusiken schrieb, begleitet stilsicher wie kreativ mit der ganzen Palette der Tonfarben seiner Instrumente.

Lars Eidinger

Lars Eidinger, geboren am 21. Januar 1976 in Berlin, studierte an der renommierten Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. Seit 1999 ist er Ensemblemitglied an der Schaubühne in Berlin. Seine Verkörperungen von Hamlet und Richard III. in Thomas Ostermeiers Inszenierungen wurden international beachtet und machten ihn zu einem der prägenden Schauspieler der Schaubühne. Seine jüngsten Theaterrollen waren Peer Gynt, produziert von ihm selbst mit dem bildenden Künstler John Bock und der Jedermann bei den Salzburger Festspielen (Regie Michael Sturminger).


Neben seiner Bühnentätigkeit ist Lars Eidinger in zahlreichen Kino- und Fernsehproduktionen zu sehen, darunter Alle Anderen (Regie: Maren Ade, 2008), Goltzius & The Pelican Company (Regie: Peter Greenaway, 2011), Was bleibt (Regie: Hans-Christian Schmid, 2011), Tatort – Borowski und der stille Gast sowie zwei weitere Folgen (Regie: Christian Alvart, 2012; Claudia Garde, 2015; İlker Çatak, 2021), Clouds of Sils Maria (Regie: Olivier Assayas, 2013), Familienfest (Regie: Lars Kraume, 2014), Personal Shopper (Regie: Olivier Assayas, 2015), SS-GB (BBC, Regie: Philipp Kadelbach, 2015), Mathilde (Regie: Alexei Utchitel, 2014/15), Die Blumen von gestern (Regie: Chris Kraus, 2015), die Fernsehserie Sense 8 (Regie: Lana und Lilly Wachowski), Maryline (Regie: Guillaume Gallienne, 2016), Terror (Regie: Lars Kraume, 2016), High Life (Regie: Claire Denis, 2017), 25 km/h (Regie: Markus Goller, 2017), Dumbo (Regie: Tim Burton, 2017), Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm (Regie: Joachim A. Lang, 2017), Proxima (Regie: Alice Winocour, 2018), Persischstunden (Regie: Vadim Perelman, 2018), die Fernsehserie Babylon Berlin (Regie: Tom Tykwer, Hendrik Handloegten, Achim von Borries, 2017 bis heute), Schwesterlein (Regie: Stéphanie Chuat, Véronique Reymond, 2019) und Joan Verra mit Isabelle Huppert (Regie: Laurent Larivière, 2020). Im Frühsommer 2021 stand Lars Eidinger für die RTL-Serie Faking Hitler vor der Kamera, die die Geschichte der gefälschten Hitler-Tagebücher neu erzählt. Zudem war er in David Schalkos Sky-Serie Ich und die Anderen zu sehen. 2021 drehte er mit Noah Baumbach in Cleveland White Noise, eine Verfilmung von Don DeLillos Roman Das weiße Rauschen – mit Adam Driver und Greta Gerwig. Der Film eröffnet 2022 die Filmfestspiele Venedig. Im Frühjahr 2022 arbeitete er für die Netflix-Serie All The Light We Cannot See mit Shawn Levy zusammen.


2013 erhielt Lars Eidinger den Preis der deutschen Filmkritik als „Bester Darsteller“ und 2014 den Grimme-Preis. 2017 wurde er wieder für den Deutschen Fernsehpreis nominiert, und zwar in der Kategorie „Bester Darsteller“ für Terror und Familienfest; letzterer erhielt die Auszeichnung als „Bester Film“. 2018 erhielt er den Österreichischen Filmpreis als „Bester männlicher Darsteller“ und wurde ferner für den Deutschen Filmpreis als „Bester Darsteller“ in Die Blumen von gestern nominiert.

 

Im gleichen Jahr wurde ihm der Ernst-Lubitsch-Preis für seine Rolle in 25 km/h zuerkannt; für diese Rolle erhielt er 2020 ebenfalls den Bayerischen Filmpreis als „Bester Darsteller“. 2021 war er für die Romy in der Kategorie „Beliebtester Schauspieler Film“ nominiert. Der Film Schwesterlein war 2020 der Schweizer Beitrag für den Oscar in der Kategorie „Bester Internationaler Spielfilm“; Lars Eidinger erhielt den Golden Linden Award als „Bester Schauspieler“ für Schwesterlein. Zudem wurde er kürzlich als Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres ausgezeichnet.


Zusätzlich zu seiner schauspielerischen Karriere ist Lars Eidinger Musiker, Fotograf und DJ. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.

Hans-Jörn Brandenburg

Studierte Musik an den Hochschulen für Musik und Theater in Hannover ( u.A. bei  Helmut Lachenmann) und in Hamburg. 1990 arbeitete er mit Robert Wilson, Tom Waits und William S. Burroughs am Thalia Theater Hamburg zusammen (The Black Rider). Von 2000 - 2003 war er Musikalischer Direktor des Schauspielhauses Hamburg, an dem er mit den "Tiger Lillies" die deutsche Produktion von Shockheaded Peter herausbrachte. Er schrieb die Musik für The Tempest - Der Sturm von Shakespeare/Jan Louwers (2001) und schuf das Streicher-Arrangement für die Produktion The Gorey End ("The Tiger Lillies"/"Kronos Quartett"), die 2003 für den Grammy nominiert wurde.


Hans-Jörn Brandenburg lebt seit 2003 in Berlin und hat seither zahlreiche hiesige Inszenierungen musikalisch geleitet (Leonce und Lena / Grönemeyer, Berliner Ensemble 2003; Shakespeares Wintertales 2005, Berliner Ensemble (Musik und musikalische Leitung);Dreigroschenoper(Brecht/Weill); Sonette von Shakespeare (Musik: Rufus Wainwright), alle in der Regie von Robert Wilson. Außerdem schrieb er die Musiken für diverse Produktionen (z.B.Warten auf Godot) von George Tabori am Berliner Ensemble und arrangierte 2010 "Helden der Oper" an der Neukoellner Oper zusammen mit der Puppenspielerin /Regisseurin Suse Waechter 2011 Dreigroschenoper mit Nicolas Stemann Schauspiel Köln, 2012 Kirschengart mit Th.Langhoff am BE,2013 Peter Pan mit BobWilson am BE mit derMusik von Cocorosie, CD Release Tanger trio& ensemble mondaine bei Series Aphonos,London, 2014 Klaviermusik Album „Winter in Tanger“,2015 Musikalische Leitung/Arrangement Faust 1+2 Wilson/Grönemeyer am Berliner Ensemble
 

2016 Artist residency in New York bei der Watermill Foundation

2017 Gastspiele in Paris Theatre Champs Elysees und Theatre du Chatelet mit 3Groschenoper und Faust1+2

2018 Lehrauftrag UdK Berlin Abteilung Musical

2019 Filmmusik für Jean Boue „Die Unerhörten“ RBB

2020 Grimme Preis für „Die Unerhörten“ mit der Musik von Kinbom/Brandenburg

Vergangene Veranstaltungen

23
November
20.00 Uhr
Großes Haus
Lars Eidinger, Rezitation & Gesang
Hans-Jörn Brandenburg, Klavier, Cembalo & Harmonium
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